Im Verlauf des 2. Weltkrieges wurden plötzlich die Schützenhalle wie auch andere Gebäude Mühltroffs in ein Kriegsgefangenenlager umgewandelt. Die Kriegsgefangenen wurden täglich von ihren Bewachern zur Arbeit eskortiert. Die alte Pracht war von nun an ein für alle Mal Geschichte.
Ab 1945 wurde im Saal des Schützenhauses, durch die Raiffeisenbank, Getreide gelagert. Bei Kriegsende folgte eine kurze Besatzung durch die Amerikaner, welche aber bald wieder abzogen. Am 1. Juli 1945 rückten schließlich auch noch russische Soldaten in Schützenhalle und Schützenhaus ein, sodass auch der Wirt und Pächter O. Oehler kurzfristig seine Wohnung verlassen musste. Die neuen Besatzungssoldaten zogen sogleich Zäune um den Schützenplatz, um sich einzuigeln. Überall in Mühltroff bekundeten die neuen Herren ihre Anwesenheit durch laute Radiomusik aus „enteigneten“ oder wie man damals spottete „befreiten“ Apparaten. Weitere Spötteleien machten die Runde, wie: „Befreiung? ... jaja, mein Großvater wurde bei Kriegsende auch von seiner goldenen Taschenuhr befreit.“
Die Bevölkerung begab sich auf „Hamsterfahrt“, um durch Betteln, Tausch oder Kauf an zusätzliche Lebensmittel zu gelangen. Auch versuchten gewisse Mädchen und Frauen, durch Liebesdienste bei den Besatzungssoldaten, ihre amtliche Zuteilung zu erhöhen. Die Zeiten waren hart und wer sich nicht zu helfen wusste, musste im schlimmsten Falle verhungern.
Erst am 6. Juni 1946 konnte der Bürgermeister an das Landratsamt Plauen melden, dass die Besatzungstruppen aus Schützenhaus und Schützen- bzw. Turnhalle abgezogen seien. Gleichzeitig stellte er einen Antrag auf Übereignung dieser Gebäude an die Stadt, was kurze Zeit später durch den Befehl Nr. 124 auch geschah. Laut Befehl der Landesregierung gingen alle Vermögenswerte, der am 8. Mai 1945 aufgelösten nazistischen Organisationen und Vereine, an die Stadtgemeinde über. Es wurde beschlossen ein Baugenehmigungsgesuch durch den Bürgermeister zu stellen, um in die Parterreräume des Schützenhauses 6 behelfsmäßige 2-Zimmer-Wohnungen für angekündigte Umsiedler einzubauen. Auf Mühltroff war eine Schlüsselzahl von noch einmal ca. 100 Umsiedlern(2) zugekommen, mit der man zu rechnen hatte. Viele heute noch bekannte Familien fanden hier in Mühltroff eine neue Heimat. Ihre Familiengeschichten fanden damals u.a. in diesen Wohnungen einen Neuanfang. Der Bürgermeister teilte der Polizeistelle Plauen am 5. November 1948 mit, dass in Mühltroff seinerzeit folgende nazistische Vereine aufgelöst worden seien. Dazu gehörten: die privilegierte Schützengesellschaft, der Turnverein und der Radfahrverein „Stahlroß“. Später wurden noch der NS Militär- und Kriegerverein und das Rote Kreuz nachgemeldet. Alle Werte waren nun auch für die Schützengesellschaft verloren, welche damit am 8. Mai 1945 aufgehört hatte zu existieren. Nach Werten wurde gesucht, aber nur wenig gefunden, alle Grundstücke an die Gemeinde überschrieben. Seit dieser Zeit sind viele geschichtliche Zeugen wie z.B. die beiden Fahnen und das Königsschild der Gesellschaft verschwunden. Mögen sie hoffentlich der Zerstörung entgangen sein und irgendwann wieder den Weg an die Öffentlichkeit finden.
Zur gleichen Zeit drängte es die Stadt neue Räume für den Kindergarten zu finden, welcher notdürftig in maroden, „nicht gesunden“ Räumen des Schlosses untergebracht worden war. Man beschloss, einen Teil der Turnhalle und ferner des Schützenhauses dafür auszubauen. Für die Belange des Turnunterrichts der Volksschule nahm man den Saal und den Vorplatz des Schützenhauses in die Planung. Einige Mühltroffer werden sich noch zu gut an den Turnunterricht oder den Kindergartenaufenthalt zu dieser Zeit erinnern können. Ein paar Jahre später wurden die Einbauten in der Turnhalle wieder entfernt, der alte Holzfußboden herausgerissen und durch den heutigen ersetzt.
In eigener Sache. Im Zuge der eigenen Familienforschung bin ich sehr an Informationen, die drei unbekannten französischen Gefangenen auf dem oben gezeigten Bild betreffend, interessiert. Sollten sie mir mit Namen oder Geschichten gerade zu diesem Thema weiterhelfen können, wäre ich ihnen für ihre Hilfe sehr verbunden.
(1) arbeitete bei der Familie Eckner
(2) etwa 700 hatte Mühltroff schon als Flüchtlinge, Ausgebombte und Umsiedler, teils während des Krieges aufgenommen
Quellen:
„Nachlass Frotscher“, Nr. 60
Privatsammlung
Verfasser:
Taubner-Wude, Mario