Geschichte Teil 2


Im Jahre 1782 wird ein adeliger Schützenkönig in Mühltroff. Es ist Ihro Hoch. gräfl. Gnaden Herr Heinrich XXXV. Jüngerer Linie Reuß, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Lobenstein etc. etc. Es findet zu dieser Zeit nachweislich regelmäßig ein Vogelschiessen statt und Frau Baronesse von Kospoth verehrt der Schützenkompanie ein Samtkissen für die Silberschilde, welche der neue Schützenkönig umgelegt bekam.

Das Fest des Vogelschiessens wird im Jahre 1801 in neuer Uniform „solenniter“ (1) begangen. Es wurden mit Einwilligung unseres Grafen Otto Carl Erdmann von Kospoth neue Artikel zur Schießordnung festgesetzt. Auch wurde in diesem Jahr der Graf selbst Schützenkönig und verehrte der Schützengesellschaft, wie es Sitte war, „...ein großes, silbernes, schön geziertes Schild von 5 Pfund und 5 ½ Loth...“, dies wurde allgemein als „Schilderlag vom Königsschuß“ bezeichnet. Es handelte sich dabei um das Zahlen einer Summe Geldes an die Gesellschaft oder die Stiftung eines Schildes zur Zierde des neuen Schützenkönigs, wie es schon vorher längere Zeit Brauch war. Dies wird den geneigten Leser recht erstaunen, da man weiß wie es bereits zu dieser Zeit um seine Vermögensverhältnisse stand. Sein Schloss stand bereits seit 1799 unter Zwangsherrschaft und er hatte lediglich das Wohnrecht behalten. Da er aber wohl ein sehr geselliger und ein vom einfachen Volk sehr geschätzter Mann gewesen war, hat er wohl auch Möglichkeiten gefunden „seiner Schützengesellschaft“ etwas zukommen zu lassen.

Traditioneller Kragenschild/ Ringkragen (2)
Traditioneller Kragenschild/ Ringkragen (2)

Wie bereits erwähnt ist überliefert, das im Jahre 1782 Frau Baronesse von Kospoth der Schützenkompanie ein rotes Kissen verehrt haben soll. Es war dazu bestimmt, dem neuen Schützenkönig jeweils die Schilder zu überreichen und umzuhängen. „...das Kissen wurde später als von den Motten zerfressen und ganz unbrauchbar bei Seite gelegt.“ Im Jahre 1823 waren bereits 21 Schilder vorhanden und man begann diese und noch ein weiteres Schild einzuschmelzen, um sie in bare Münze zu verwandeln. Es war wichtig den Kassenbestand zu erhöhen, um ein neues Schiesshaus bauen zu können. Dieses Schiesshaus war der Vorgänger unseres heute bekannten Schützenhauses aus dem Jahr 1909, denn 1907 war das Alte abgebrannt. Es blieb nur noch ein Schild übrig, welches als Stern gefertigt und in der Mitte mit einem Dukaten(3) verziert war. Dieses eine Schild wurde von nun an zur Auszeichnung der neuen Schützen- und Vogelkönige gebraucht. Dazu ist eine kleine Begebenheit aus dem Jahr 1862 überliefert. In diesem Jahr wäre das letzte Schild fast auf unerklärliche Weise verloren gegangen. Der Schützenkönig Johann Zürbig starb bereits als er noch Inhaber der Königswürde und damit auch des Schildes war. Er hatte es in seinem guten, schwarzen Rock aufbewahrt, der ihm nun zu seiner Bestattung angelegt worden war. Keiner hatte davon gewusst, sein Sohn aber der die Taschen zufällig noch einmal durchsucht hatte, fand den Schild und rettete diesen historischen Zeugen der alten Gilde vor dem geheimnisvollen Verschwinden. 1913 soll der Schild noch bei der Schützengesellschaft vorhanden gewesen sein. Heute sind leider alle Schilde und Auszeichnungen bis auf das hier abgebildete verschwunden.

Die Zeit der napoleonischen Kriege war von Unruhen und kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt und daher fanden zwischen 1804 und 1809 aller Wahrscheinlichkeit nach keine Vogelschiessen statt. Mühltroff hatte unter Durchmärschen, Einquartierungen und Abgaben sehr zu leiden. Es kamen Soldaten der Franzosen, Österreicher, Sachsen, Preußen (auch das Lützowsche Schwarze Korps), Bayern, Westfalen, Hessen, Polen, ebenfalls Kosaken über Mühltroff. Erst 1822 ist wieder eine Schiesstätigkeit des Schützenwesens in Mühltroff nachweisbar.

Deftiges aus dem Mühltroffer Schützenleben
Deftiges aus dem Mühltroffer Schützenleben

Im Jahr 1816 erhält Graf Otto Carl Erdmann von Kospoth von der Schützengesellschaft ein Geschenk von 5 Talern, da es sehr übel um seine Vermögensverhältnisse steht. Nur ein Jahr vor dem furchtbaren Schlossbrand ist der Graf über jede noch so kleine Spende seiner Untertanen dankbar.

 

Gehen wir weiter in der Geschichte, in das Jahr 1829. In diesem Jahr besucht der Kreishauptmann von Zeschwitz(4) aus Plauen, wegen einer hiesigen polizeilichen Angelegenheit, Mühltroff. Er bemerkt abfällig, dass sich die Scheibenschiessmauer und die Vogelstange der Mühltroffer Schützengesellschaft an der von Plauen über Mühltroff nach Schleiz führenden Straße befinden und ordnet an „...das dieser Übelstand abgestellt werde,“... andernfalls „...die Vogelstange und Schießmauer weggebracht und erstere abgesägt werden würde.“ Im folgenden Jahr wurde zwar gestattet den alten Schießstand beizubehalten, aber die Schützengesellschaft aufgefordert „demselben eine andere Richtung zu geben, daß irgend ein Unglück nicht zu besorgen stehe“, und so geschah es dann auch. Von dieser Zeit an schoss die Mühltroffer Schützengesellschaft vom Schiesshaus aus, über den Bereich der heutigen Turnhalle hinweg, in Richtung Ahorn. So kamen vermutlich der links von dem heutigen Schützenhaus und hinter der Turnhalle liegende Felsenberg zu seinem Namen „Schiesser“ und der Platz vor dem Schützenhaus von Stadtanger zu dem Namen „Schützenplatz“. Eine kleine Kapelle soll sich einmal auf dem „Schiesser“ befunden haben, von dieser existieren bis heute leider keine weiteren Angaben mehr. Aber eine alte Postkarte vom Schützenhaus aus der Zeit um 1890 zeigt deutlich noch das ehemalige Aussehen des Berges und die ihn damals umgebenden gepflegten Parkanlagen mit den Gebäuden.

 

(1) von lateinisch solemnis: „feierlich"

(2) Ringkragen, gestiftet 1892 von Seilermeister Wilhelm Lippold Mühltroff, Silber 750, Hersteller: R. Hüttel, Juwelier Plauen

(3) eine Goldmünze, die in ganz Europa verbreitet war

(4) Zezschwitz ist der Name einer meißnischen Uradelsfamilie mit dem Stammhaus Zeschwitz

 

Quellen:

„Die Herrschaft Mühltroff und ihre Besitzer“, Carl Herrmann Richter, 1857

„Festzeitung für das 150jährige Jubiläum der privilegierten Schützengesellschaft Mühltroff“, 1913

 

Verfasser:

Taubner-Wude, Mario